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Wissenschaft aktuell

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Wissenschaft aktuell 04.09.2017

Beeinflusst Facebook tatsächlich die Meinungsbildung?

Die aktuelle Expertise „Ganz meine Meinung?“ geht der tatsächlichen Bedeutung von Facebook für die Meinungsbildung nach.

Die Bedeutung sogenannter Intermediäre wie Facebook für die Meinungsbildung (etwa Echokammern, Filterblasen) wird überschätzt. Einer neuen Expertise zufolge ist Facebook für die meisten Nutzer eine Nachrichtenquelle unter vielen, aber nicht die alleinige Informationsquelle. Die populäre Befürchtung, dass sich die Menschen in Filterblasen bewegten und etwa mit Blick auf die Bundestagswahl nur eingeschränkt informiert seien, muss demnach aus wissenschaftlicher Sicht relativiert werden.

Die von der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) in Kooperation mit dem Forschungsschwerpunkt Medienkonvergenz der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) vorgelegte Expertise „Ganz meine Meinung? Informationsintermediäre und Meinungsbildung“ geht der tatsächlichen Bedeutung der Informationsintermediäre für die Meinungsbildung nach, die empirisch bislang wenig untersucht ist. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob und wie wirkungsvoll insbesondere Facebook die Themenwahrnehmung und die Meinungsvermittlung bei politischen Themen beeinflusst.



Prof. Dr. Birgit Stark vom Institut für Publizistik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz betont, dass die Voraussetzungen für Filterblasen nicht gegeben seien. Gemeint sind damit mögliche Effekte durch sogenannte personalisierte Nachrichtenquellen, beispielsweise im Facebook-Newsfeed. Derzeit seien verhältnismäßig wenige personalisierte und noch viele klassische und somit ausgewogene Quellen zu beobachten, aus denen sich Nutzerinnen und Nutzer informieren. „Wenn sich aber das Verhältnis von personalisierter und klassischer Nachrichtenquelle umkehrt, wenn sich also die Bedeutung klassischer Medien als Informationsquelle verringert, kann sich das auf die Meinungsbildung auswirken“, betont Stark.

Auf den einzelnen Stufen des Meinungsbildungsprozesses zeigten sich ganz spezifische Wirkungseffekte. So könne sich nicht nur die Wahrnehmung gesellschaftlich relevanter Themen, sondern auch die Wahrnehmung des Meinungsklimas verändern. “Das wahrgenommene Themenspektrum wird nicht per se von Facebook eingeengt. Facebook kann aber die Wichtigkeit von Themen verändern“, erläutert die Sprecherin des Forschungsschwerpunkts Medienkonvergenz an der JGU.

Ein signifikanter Effekt für Facebook sei beim wahrgenommenen Meinungsklima zu beobachten. Hier könne es zu einer Gefahr für die Meinungsbildung kommen, wenn gesellschaftliche Randgruppen – unterstützt durch Social Bots oder Fake News – Diskussionen manipulieren, indem sie beispielsweise bestimmte Themen pushen oder gezielt durch Kommentare emotional polarisieren. Die Studie belegt zudem weitere Einflussfaktoren auf die Meinungsbildung, darunter Persönlichkeitseigenschaften wie die Persönlichkeitsstärke oder das eigene politische Interesse und nichtmediale Informationsquellen wie das persönliche Gespräch.

Mehr zum Thema erfahren Sie in unserem ausführlichen Themendossier „Meinungsbildung“.

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