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Bildungsnotiz

Lesezeit: Minuten
Bildungsnotiz 21.11.2016

Ulrich Commerçon: „Die Digitalisierung schlägt eine Brücke zur Demokratisierung und zur gesellschaftlichen Teilhabe.“

Ulrich Commerçon, saarländischer Minister für Bildung und Kultur spracht im Rahmen des 10. IT-Gipfels in Saarbrücken mit Teachtoday über die Chancen von digitalen Medien im Bildungsbereich.

Ist Datenschutz ein Thema in Ihrer Familie und in welcher Form?
Ja, klar. Es wird darüber diskutiert. Wir haben gewisse Regeln, wie wir mit dem Datenschutz innerhalb unserer Familie umgehen. Es gibt also klare Vereinbarungen. Meine Tochter guckt mir nicht auf das Handy, ich schaue ihr nicht auf das Handy. Das sind ihre privaten Daten. Wir reden aber auch darüber, worauf man achten muss. Dass man zum Beispiel nicht sofort Fotos posten sollte, oder was es gerade für Probleme gibt.

Wie hat die Digitalisierung in Ihr Leben Einzug gehalten?
Ich glaube es fing damit an, dass wir so im 10. Schuljahr - es kamen gerade die ersten PC's auf den Markt - irgendwann gesagt haben: „Wir wollen jetzt eine Informatik-AG in der Schule gründen.“ Das war ganz lustig, denn wir haben damals den Lehrern gezeigt, wie man in Basic programmiert. Das war der Anfang. Ganz persönlich: Ich glaube, ich gehöre zur ersten Generation von Studenten, die ihre Magisterarbeit an der Uni direkt mit dem PC geschrieben hat.

Medienbildung und Medienkompetenz: Es gibt zahlreiche Begriffe dafür, dass Schüler Medien besser kennen lernen sollen. Was denken Sie ist hierzu im Schulkontext wichtig?
Wichtig ist in meinen Augen vor allem, dass wir keine techniklastige Diskussion führen. Wir müssen den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit geben, zu erfahren, dass sie diejenigen sind, die die Technik zu bestimmen haben. Und nicht umgekehrt, dass sie sich von der Technik bestimmen lassen. Das ist in meinen Augen das Wichtigste. Das heißt, es geht bei Medienbildung und bei digitaler Bildung immer auch um Persönlichkeitsentwicklung und um das Selbstbewusstsein, als Subjekt in dieser Welt zu sein und sich nicht zum Objekt machen zu lassen.

Gleichzeitig brechen alte und neue Wertvorstellungen durch die Digitalisierung auf. Viele Menschen reden darüber - vor allem auch die Jüngeren. Es geht um den Schutz der Privatsphäre, um Informations- und Meinungsbildung. Sollten solche Diskussionen gefördert werden und welche Themen halten Sie davon für besonders relevant?
Natürlich muss das gefördert werden. Wobei ich glaube, dass wir das bei den Jugendlichen nicht großartig anreizen müssen. Die Neugier ist da. Und die Jugendlichen müssen sich auch zu den Fragen die richtigen Antworten suchen können. Was wir in den Schulen viel stärker beachten und worauf wir achten müssen ist, dass wir kompetente Lehrerinnen und Lehrer haben, die auch wissen über was sie reden. So, dass sie mit den Schülerinnen und Schülern gemeinsam lernen können.

Sie haben gesagt, bei den Schülern ist das Interesse da. Wie sieht es bei den Erwachsenen aus?
Naja, es gibt solche und solche. Aber mein Eindruck ist, dass zumindest was die Lehrerinnen und Lehrer angeht, diese zunehmend offen sind. Diejenigen, die schon lange im Dienst sind, haben sich vielleicht vor 10 Jahren noch wehren wollen, aber das ist schon gar nicht mehr der Fall. Für uns ist es so selbstverständlich geworden, dass wir mit digitalen Medien umgehen, dass diese Hürde eigentlich genommen ist.

Wie sollte im Hinblick auf die Digitalisierung und Bildung eine Zusammenarbeit zwischen Schule und Familie aussehen?
Nicht nur im Hinblick auf Digitalisierung und Bildung. Sondern insgesamt sollte die Zusammenarbeit zwischen Schule und Bildung so gestaltet werden, dass alle Beteiligten sich eingeladen fühlen, mitzudiskutieren. Ich glaube, dass die Digitalisierung die Brücke zur Demokratisierung, zur gesellschaftlichen Teilhabe schlägt. Dafür brauchen wir alle. Die Erziehungsberechtigten, die sich mit einbringen können, aber auch die Möglichkeit, dass Schüler sich im geschützten Raum bewegen können. Es kommt viel stärker darauf an, dass die Menschen zusammenarbeiten und nicht isoliert nebeneinanderstehen.

Sie sprechen von Möglichkeiten, die aufgebaut werden sollen. Was meinen Sie, wie ist denn momentan die Lage an Schulen?
Da gibt es große Unterschiede zwischen den Schulen. Ich kann das also pauschal so gar nicht beantworten. Wir haben einige Schulen, bei denen digitale Medien schon längst eingesetzt werden und diese selbstverständlich für die Unterrichtsgestaltung sind. Und wir haben andere Schulen, bei denen ist das noch nicht so weit entwickelt. Das finde ich aber auch alles nicht schlimm. Entscheidend ist, dass sich Schulgemeinschaften zusammen auf den Weg machen. Dass sie im Blick haben, wie sie ihre Schule in den nächsten Jahren weiterentwickeln wollen. Da erlebe ich überall große Offenheit und die Fragen dabei müssen wir beantworten. Dafür haben wir jetzt einen Wettbewerb ausgelobt. Zur Lehrerfortbildung haben wir ein besonderes Zentrum für Medienkompetenz eingerichtet, um diese Fragen beantworten zu können und die Schulen auf diesem Weg zu begleiten.

Sehen Sie irgendwo eine Grenze von digitalen Medien?
Zu digital würde es dann, wenn uns die Steuerungsmöglichkeiten abhandenkommen. Wenn wir nicht mehr diejenigen sind, die auch mal auf den Knopf drücken können. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Es wäre dann zu digital, wenn wir diejenigen wären, die sich von der Technik dominieren lassen. Ich bin ganz optimistisch: Menschen sind viel zu selbstbewusst. Sie werden sich das nicht gefallen lassen. Sie wollen selbst die Technik beherrschen, deshalb glaube ich nicht, dass es zu digital werden wird.

Das Interview führte Bianca Nawrath im Rahmen des IT-Gipfels in Saarbrücken.

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