Schon Anfang der 2000er-Jahre zeigten Forschende, wie erstaunlich anpassungsfähig das menschliche Gehirn ist: Selbst wenn Virtual-Reality-Technik damals noch kantig und unecht wirkte, „ergänzte“ das Gehirn die fehlenden Eindrücke automatisch so, dass die künstliche Welt echt erschien. Dieses Eintauchen in eine virtuelle Umgebung nennen Wissenschaftler*innen Immersion: Das Bewusstsein rückt in den Hintergrund, und das Gehirn reagiert, als befände man sich wirklich dort. Man weiß zwar, dass man in einem Spiel oder einer Simulation ist, aber der Körper reagiert, als wäre man wirklich dort: Herzschlag steigt, man weicht instinktiv Hindernissen aus, man fühlt Höhe oder Nähe
Durch diese Fähigkeit des Gehirns also, dass es künstliche Eindrücke als echt empfindet wird Virtual Reality zu einem intensiven Lern- und Erlebniswerkzeug.
Denn die Möglichkeiten, die die VR-Technik besitzt, wird abseits der Computerspieleindustrie vielseitig genutzt. Museen ermöglichen ihren Besuchern Rundgänge und architektonische Einblicke, die im normalen Leben nicht möglich wären. Mediziner lernen Operationstechniken in simulierten Umgebungen. So führen an der University of Maryland Medizinstudierende operative Eingriffe durch und lernen dabei virtuell, wie sie Katheder legen.
Die heutige VR-Technik schafft es immer besser, dass Nutzer*innen zwischenzeitlich vergessen, dass nicht echt ist, was sie sehen. Der Philosoph Thomas Metzinger beschreibt dieses Phänomen als „Verortungs-Illusion“: das Gehirn konstruiert eine Präsenz an einem Ort, an dem man physisch gar nicht ist. Damit knüpft VR an jahrtausendealte philosophische Fragen nach Wirklichkeit und Illusion an – und an aktuelle Hirnforschung, die zeigt, wie sehr unsere Wahrnehmung eine „kreative Konstruktion“ ist.
„Unsere Wahrnehmung ist eine Fantasie, die mit der Realität in Einklang steht,“ meint der Wahrnehmungspsychologe Philipp Sterzer . Genau dieses Wechselspiel macht den Reiz von VR aus: Wir wissen, dass es künstlich ist, und fühlen es trotzdem als echt.
Noch ist VR trotz vieler Fortschritte kein Massenmedium. Zwar gibt es inzwischen erschwingliche Headsets, Brillen und Plattformen mit Spielen, Videos und Apps. Aber der große Durchbruch bleibt aus – ähnlich wie in den 1970er-Jahren, als Videospiele erst mit Pong massentauglich wurden. Viele Expert*innen sehen VR deshalb weiterhin am Anfang einer Entwicklung, die sich in vielen kleinen Schritten vollzieht.
In Großbritannien üben Studierende in der VR-Suite des Paramedic Clinical Simulation Centers sogar medizinische Einsätze. Dabei erleben sie die Komplikationen und Unwägbarkeiten von Extremsituationen, wie zum Beispiel beim simulierten Ausbruch eines Feuers in einem Nachtclub. Mithilfe der immersiven VR-Suite sollen unter anderem Selbstvertrauen und Kommunikationsfähigkeiten für derartige Szenarien aufgebaut werden.
Insbesondere im Zusammenhang mit VR-Computerspielen ist die sogenannte Motion Sickness ein stark diskutiertes Thema. Dabei nimmt das Gehirn eine Bewegung visuell wahr, das Innenohr, das für die Registrierung körperlicher Bewegungen zuständig ist, aber nicht. Folgen dieser widersprüchlichen Signale sind beispielsweise Erbrechen, Schwindel oder Orientierungsschwierigkeiten. Studien zeigen, dass je nach Setting 40 %-80 % der VR-Nutzer*innen schon einmal mit Symptomen von dem sogenannten Motion Sickness zu tun hatten.
Trotz dieser körperlichen Grenzen entwickelt sich die Technologie rasant weiter – und mit ihr die Einsatzmöglichkeiten. Während manche Menschen noch zögern, eine virtuelle Runde, um den Eiffelturm zu drehen, nutzen andere VR längst zum Lernen, Entdecken und Erleben: Schülerinnen erkunden anatomische Strukturen, Museumsbesucherinnen betreten historische Orte, Forschende simulieren komplexe Umgebungen. Sicher ist: Virtual Reality eröffnet schon heute neue Perspektiven auf die Welt – und stellt gleichzeitig spannende Fragen an unsere Wahrnehmung, unser Lernen und unsere Gesundheit.
Digitale Spiele gehören zum Alltag: gespielt wird mobil, an Konsolen oder PC und anderen Geräten. Gaming ist Teil unserer Kultur. Es erzählt Geschichten, schafft Freundschaften und lädt zum Ausprobieren ein.
Spielen ist Alltag
Ob offline oder online: Spiele fordern Kinder auf unterschiedliche Weise heraus. Wer die Unterschiede kennt, versteht besser, was Kinder am Spielen fasziniert, und kann sie dabei gut begleiten.
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